Paulhof ist eine Ansammlung von wenigen Häusern in der Gemeinde Transvesting, die nicht der Rede wert wären, wenn es nicht dominiert wäre von den Besitztümern der Familie Preiswitz. Dies sind ein Schloss, eine Brauerei, eine Schlosswirtschaft und ein ansehnlicher Golfplatz. Nur am Rande -weil hier nebensächlich- sei bemerkt, dass aus Paulhof der Jura-Student stammte, der 1919 den bayerischen Ministerpräsidenten Kurt Eisner erschoss und im Familiengrab der Familie Preiswitz in der Wallfahrtskirche Transvesting sein letzte Ruhe gefunden haben soll.

Weniger nebensächlich für den folgenden Bericht ist ein schweres Unwetter mit Sturm und Hagel, das 2003 die Transvestinger Gegend heimsuchte und auch das Schloss Paulhof in Mitleidenschaft zog. Die Transvestinger Feuerwehr kümmerte sich weniger um die Schäden bei den kleinen Häusl-Leuten, sondern konzentrierte sich bei der Hilfe auf das Schloss Paulhof, immerhin war es nahe liegend, dass von dort nach der ersten Hilfeleistung eine Menge Freibier zu erwarten war. Die zerschlagenen Fenster wurden mit Folien abgedichtet und das Dach mit einer Plane vor weiteren Regengüssen geschützt. Den Rest erledigte die Versicherung, die dafür sorgte, dass das vor dem Hagel etwas mitgenommene Schloss einer Generalsanierung unterzogen werden konnte und danach in einer nie gewohnten Pracht da stand.

Auch das wäre keiner weiteren Erwähnung wert, wenn nicht 2007 in der Zeitung zu lesen gewesen wäre, dass die Familie Preiswitz der Wallfahrtskirche in Transvesting folgende Votivtafel gestiftet habe:

Der schwer lesbare Text im Wortlaut:
Am 18. August 2003 traf Paulhof von Südwesten nach sechs Wochen großer Hitze und Trockenheit der gewaltigste Hagelschlag aller Zeiten. Orangengroße Hagelkörner erschlugen Vögel und Wild, zerschlugen alle Fenster und Dächer und hinterließen einen Schaden apokalyptischen Ausmaßes. 2006 nun steht Paulhof völlig renoviert in neuer Pracht da. Maria sei Dank! Prinz und Prinzessin Preiswitz

Viele Transvestinger Bürger ließ diese Meldung kalt, immerhin waren sie gewohnt, dass Maria für Vieles gedankt wurde, was sich auf natürliche Weise erklären ließ. Sie meinten lediglich "Mei, es is hald a so der Brauch". Einige Bürger machten sich jedoch darüber so ihre Gedanken.

Nicht alle konnten jedoch ihre Gedanken in Worte fassen, so reagierte Rebekka einfach nur mit 2 Smilies:

Ritschi und Marga stritten darüber, ob es so aussehe, dass der Engel rotzen oder kotzen würde, wobei es sich dabei nur marginal um einen Tipp-Fehler handelte. Und Michi stellte fest, dass es sich um ein wundervolles Bild handle, wobei es jedoch schien, dass der aufgeklärte Malstil der letzten Jahrhunderte daran vorbeigegangen sei, während Andi aus der Nachbargemeinde voll Begeisterung vorschlug, dass diese Neuerung in der Kirche nach einem Remake des Holzweges schreie.

Teschtirps erste Reaktion war, von Blasphemie zu sprechen, wenn Gott die Leistungen von Feuerwehr und Versicherung in die Schuhe geschoben werden. Andererseits fiel ihm ein, dass seinerzeit sein fast neuwertiger Wohnwagen nach dem Hagel als Totalschaden eingestuft wurde und er dadurch zugegebenermaßen profitiert habe. Er zog sogar in Erwägung, auch eine Votivtafel in Auftrag zu geben und der Wallfahrtskirche zu stiften.

Einen völlig neuen Aspekt brachte Herbert in die Diskussion, in dem er darauf verwies, dass es sich bei dem kotzenden Engel zweifelsfrei um einen Gehilfen des heiligen St. Florian handeln müsse. St. Florian als Schutzpatron der Feuerwehr habe den Engel beauftragt, Hagel zu kotzen um der Familie Preiswitz zu einem neu sanierten Schloss zu verhelfen. Als Untermauerung seiner These verwies er auf die zahlreichen Feuerwehrleute, die Brände legen, um sich bei den nachfolgenden Löscharbeiten besonders hervor zu tun. Bei vielen Bauern gelte zwar immer noch die Weisheit, dass man sich gegen Brände, nicht aber gegen Hagel versichern sollte, weil man einen Hagel nicht machen könne. Offenbar habe aber Preiswitz so lange zum heiligen St. Florian wegen des Hagels gebetet, dass der einfach nicht mehr anders konnte. Das Gebet:

Heiliger Sankt Florian
Schütz unser Haus, zündt andre an.

habe Preiswitz einfach folgendermaßen umgeschrieben in
Heiliger Sankt Florian
Lass es hageln, weil ich's brauchen kann.

Diesem Gebet habe sich der Flori auf die Dauer nicht entziehen können, vor Allem, weil ihm seit einiger Zeit die quengelnde Holy Mary wegen eines Hagels auch noch in den Ohren gelegen haben muss. Dass nicht versicherte Kleinhäusler durch den Hagel gewaltigen Schaden erlitten haben, interessiert den heiligen St. Florian in Anbetracht der finanziellen Potenz der Familie Preiswitz wenig.

Außerdem dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass in einem ein unheimlich befreiendes Gefühl auftritt, wenn nach einem, wie es Preiswitz selbst nennt, apokalyptischen Hagel der Schmerz nachlässt. Aus dem dringenden Gefühl heraus, den Folterknechten zu danken, wenn sie mit dem Foltern aufhören, muss wohl die Preiswitz'sche Votivtafel entstanden sein.

Dem wahren Motiv für die Votivtafel kommt wohl Gerhard man nächsten, wenn er behauptet, dass es sich bei der Votivtafel nicht um Wunderglauben, sondern um einen PR-Gag handele:
"Ich denke, es handelt sich um eine neue Art der Bierwerbung. Die von der Sonne ausgedörrten Pilger sehen die Votivtafel, suchen das der Kirche gegenüberliegende Gasthaus auf und bestellen ein Paulhofer! Kostenlose Werbung bis in die Ewigkeit und die Zeitung macht noch einen Artikel daraus - das kostet doch sonst Tausende!
Man sollte ein Bierfass unter der Tafel aufstellen. Wer ein Scherflein opfert, darf trinken!"

Und in Bayern, ergänzt Werner, gelte immer noch:

Religion sells -

sogar Bier.

In diesem Zusammenhang kann vielleicht auch die Frage gestellt werden, ob der Bierkrug im Transvestinger Wappen nicht doch auf eine Initiative von Prinz Preiswitz zurückzuführen ist.

Wenn wir uns den Engel aber genauer ansehen, werden wir Erstaunliches feststellen:

Der Engel hat Hörner. Er hat Flügel aber keinen Pferdefuß, er hat Hörner und ein rotes Gesicht. Es handelt sich um ein seltsames Zwitterwesen, halb Engelchen, halb Teufelchen, das den langersehnten Hagel teils widerwillig, teils willfährig mit rotem Gesicht hervorwürgt. Das rote Gesicht könnte natürlich auch vom übermäßigen Genuss des Preiswitzschen Bieres stammen, von dem ihm so übel geworden ist, dass er es im gefroren Zustand dem Produzenten vor die Füße kotzt.

Fragen über Fragen.

Vielleicht liegt auch beim Namen Preiswitz die Betonung auf der letzten Silbe und er wollte mit der Votivtafel einfach nur einen Witz, einen Preiswitz auf Maria, machen.

Kurz nach der Übergabe der Votivtafel stand in Paulhof der nächste Event an: Eine Blumen- und Garten-Verkaufsausstellung. Pünktlich zur feierlichen Eröffnung um 13.30 Uhr begann es im Paulhof wie aus Eimern zu schütten. Zuerst fragte man sich, wie das Maria denn zulassen könne, wo man ihr doch erst kürzlich eine so schöne Votivtafel gespendet habe, dann aber war es allen recht schnell klar: Maria muss die Votivtafel falsch verstanden haben.

KGP Somit legt sich der Teschtirp fest: Prinz Preiswitz wird wegen der Verwendung des Glaubens zu Werbezwecken der Träger des Kleingeistpreises 2007.

Hauptseite